So heißt das Themenheft: Digitale Medien – in Maßen, statt in Massen
Liebe Familienpatin, lieber Familienpate,
Eltern verfolgen mehr oder weniger bewusst verschiedene Medienerziehungskonzepte. Die einen verzichten ganz auf den Kontakt ihres Kindes mit Bildschirmmedien bis ins Grundschulalter, andere Eltern räumen ihrem Kind zeitlich festgelegte Bildschirmzeiten ein und wählen die Inhalte bewusst aus. Wiederum andere Familien überlassen dem Kind uneingeschränkt die Fernbedienung für den Fernseher oder das Tablet. Unabhängig davon, ob Eltern eine bewusste Medienerziehung leben, achtet das Kind zunehmend auf das Medienverhalten der Eltern und Geschwister und richtet sich danach aus. Die Vorbildrolle der Familienmitglieder nimmt an Bedeutung zu [1]. Erste gemeinsame Medienerlebnisse innerhalb der Familie werden durchaus als wohltuend und emotionale Nähe erzeugende Ereignisse wahrgenommen. Eine unkontrollierte Mediennutzung des Kleinkindes ist allerdings zu vermeiden und hat ihre Ursachen oft an anderer Stelle.
Schau dir als Familienpatin bzw. Familienpate die Situation gut an und versuche die Hintergründe zu verstehen. Ist es ein Zeichen von Überforderung und Überlastung mit der Erziehungssituation, bedarf es einer umfänglicheren Handlungsstrategie vielleicht sogar in Begleitung durch Fachpersonal? Wende dich in diesem Falle an deine Netzwerkkoordination. Manchmal spiegelt es einfach die Medienbiografie der elterlichen Kindheit wider, die mit dem Fernseher als „erzieherisches“ Element aufgewachsen sind und Alternativen und deren Vorteile selbst erst kennenlernen müssen. Denk dir als Familienpatin bzw. Familienpate gemeinsam mit deiner Netzwerkfamilie alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu Bildschirmmedien aus, die sich gut in den Alltag der Familie einfügen lassen.
Allgemeine Entwicklung und digitale Medien
„Nur noch zwei Mal! Ausnahmsweise“ bettelt Mia ihre Eltern mit dem Smartphone in der Hand an. Zwei Mal noch möchte sie die Folge ihrer Lieblingsserie sehen. Ihr Bruder sitzt währenddessen vor dem Tablet und sieht sich eine für sein Alter entsprechende Serie an.
Kleinkinder lieben Wiederholungen und brauchen sie, um sich Sachverhalte komplett zu erschließen und zu lernen. Der stets stärker werdende Eigensinn des Kindes im dritten Lebensjahr und die immer besseren Möglichkeiten, sich gezielt auszudrücken, treten auch beim Medienkonsum immer häufiger ans Licht. „Nochmal…“, „Ausnahmsweise…“ und „Ich will auch …“ gehören zum Standardrepertoire eines jeden Kindes in diesem Alter [2]. Gerade wenn ältere Geschwisterkinder fernsehen oder Computerspiele auf dem Smartphone oder der Konsole spielen, möchten die Jüngsten Gleiches tun oder wenigstens zusehen [3].
Es ist daher zu empfehlen, dass das (jüngste) Kind:
- vor ungeeigneten Darstellungen bewahrt wird. Kleinkindern fällt es noch sehr schwer, zwischen Realität und Fiktion zu trennen. Oft können sie den Geschichten, die für ältere Kinder bestimmt sind, gar nicht folgen, weil sie im Ablauf zu schnell erzählt sind und zu wenige Wiederholungen aufweisen. Ungeeignete Inhalte können das Kind beunruhigen, verunsichern und ängstigen. Es ist außerdem ratsam, wenn mit den älteren Geschwistern gesprochen wird und sie dahingehend sensibilisiert werden, dass sie eine Vorbildfunktion für ihr kleines Geschwisterkind haben und sie nicht ausnahmslos teilhaben lassen können, sondern das Gerät öfter mal zur Seite legen und ein gemeinsames Spiel anregen sollten.
- nicht zu lange mit schaut. Ob die Eltern selbst aktiv am Bildschirm etwas tun oder das jüngste Kind beim älteren Geschwisterkind nur zusieht – gerade Kleinkinder brauchen enge Zeitfenster, da Medien sie auf Dauer überreizen.
- erkennt, dass auch ältere Geschwister Regeln haben. So lernt es, dass Regeln bei der Nutzung von Smartphone, Tablet & Co. bestehen und dass auch die Geschwister sich daran zu halten haben. Um mit älteren Kindern Regeln festzulegen, bietet sich ein Mediennutzungsvertrag an. Den kann man gemeinsam und sehr spielerisch auf der Website des Vereins Internet-ABC unter dem Suchbegriff “Mediennutzungsvertrag” erstellen.
Versuch-und-Irrtum (Trail-and-Error) ist ein beliebtes Spiel bei Kindern und kann bei mobilen Geräten der Eltern Unvorhergesehenes hervorrufen.
Neben dem Zusehen und Beobachten steigt in diesem Alter das natürliche Interesse an spielerischen und kreativen Aktivitäten, wie zum Beispiel Malen und vereinzelt sogar schon Fotografieren. Leicht zu bedienende Geräte mit Touchscreen sind von Kindern schnell erobert. Simple digitale Apps können nach mehrmaliger Wiederholung allein gestartet werden und auch die Wiedergabefunktion für Fotos oder Videos auf mobilen Geräten ist leicht zu bedienen. Das Kind lernt bei allem, was es beobachtet mit und eignet sich unglaublich schnell durch Nachahmung die Unterschiede in der Bedienung eines Buches oder eines Smartphones an [4]. Nicht selten kommt es hierbei zu amüsanten Szenen:
Luise schaut sich gemeinsam mit ihrem Papa eine Zeitschrift an. Sie entdeckt ein Bild mit dem Startscreen eines Videos auf einer Videoplattform. Sie drückt und drückt immer wieder auf das Bild. Vergebens. Traurig stellt sie fest, dass es wohl kaputt sei.
Auf dem Bild hat sie das nach rechts weisende Dreieck als Zeichen für ein Video erkannt, das sich auf dem Smartphone oder Tablet durch Draufklicken starten lässt. Die Transferleistung, dass dies mit auf Papier gedruckten Bildern nicht funktioniert, lernt sie erst später.
Kinder entdecken die Welt durch Nachahmung und dabei ist Trail-and-Error eine ganz besondere Variante. Dieses beliebte Spiel kann auch den mobilen Endgeräten ganz erstaunliche Funktionen entlocken. Daher ist es ratsam, das Kind nicht allein mit den Geräten zu lassen und alle Geräte mit Zugangssperren zu versehen. Schneller als die Eltern denken, sind In-App-Käufe getätigt, der Notruf gewählt oder alle Fotos und Videos gelöscht.
Mein Kind schaut Serien
Bildschirmmedien lassen sich ab dem zweiten Lebensjahr kaum vermeiden. Auch wenn das Kind zu Hause damit nicht in Kontakt kommt, während der Besuche bei anderen Familien oder Bezugspersonen kann es dann doch vorkommen, dass hier oder da mal eine Videoapp geöffnet und Tiervideos angeschaut werden. Kurze und seltene Beschäftigungen mit altersgerechten Apps, wie eine Mal-App oder ein digitales Bilderbuch auf dem Tablet oder Smartphone, sind nicht per se gesundheitsschädlich [5]. Als Babysitter ist solch ein Gerät allerdings ungeeignet. Auch wenn es manchmal praktisch scheint, weil das Kind nach dem fünften Wutanfall endlich still vor dem Bildschirm „kleben“ bleibt und die Eltern durchatmen und in Ruhe die zu bewältigenden Alltagsaufgaben erledigen können, ist es gut, zunächst Alternativen wie Hörmedien oder Bücher anzubieten. Spielanregungen wie „Ich könnte jetzt einen Teller Nudeln vertragen. Magst du mir in der Küche ein kleines Essen kochen?“ können ebenso gut ablenken und bedienen zudem den natürlichen Bewegungsdrang des Kindes.
Kinder in diesem Alter können sich nur kurz konzentrieren und einfachen Erzählungen folgen. Es ist deshalb wichtig, dass Eltern sich zusammen mit ihrem Kind aktiv mit dem Gesehenen auseinandersetzen. Das Kind kann nur so verstehen, was dort passiert. Außerdem wird es dadurch angeregt, über das Gesehene nachzudenken und zu sprechen, denn die Sprachentwicklung ist ein zentraler Entwicklungsabschnitt in diesem Alter und bedarf der Anregung durch den Elternteil. Häufige Wiederholungen sind für Erwachsene zwar anstrengend, unterstützen das Kind aber im Verstehen der gesehenen Inhalte und Abläufe [4].
Wenn Eltern ihr Kind Videos schauen lassen wollen, ist Folgendes zu berücksichtigen:
- Kinder und Eltern schauen die Sendung gemeinsam an.
- Eine dem Alter und dem Entwicklungsstand des Kindes gerechte Sendung auswählen. Um zu entscheiden, ob eine Sendung für das Kind geeignet ist, helfen die folgenden Fragen, die Eltern für sich beantworten und sich auf Grundlage dessen, für oder gegen eine Sendung entscheiden sollten:
Sind die Figuren einfach und liebevoll gestaltet? Ist das Gesprochene für das Kind verständlich? Ist der Inhalt für das Kind verständlich? Kann das Kind das Gesehene mit bereits Erlebtem verbinden? Kann das Kind dem Ablauf folgen und gibt es ausreichend Wiederholungen? Wie ist der soziale Kontakt der Figuren untereinander? Wie werden Konflikte gelöst? Ist das für das Kind verständlich und für den Elternteil vertretbar? Ist die Botschaft der Handlung kindgerecht und für das Kind verständlich? Ist das Tempo der Erzählung für das Kind angemessen
Wenn Eltern ihr Kind beim Zuschauen einer Sendung begleiten und im Anschluss mit ihrem Kind darüber sprechen, können sie erkennen, inwieweit ihr Kind das Gesehene verstanden hat und zugleich die sprachliche Entwicklung anregen. - Die Autoplay-Funktion auf Videoplattformen im Internet ausschalten, damit dem Kind nicht plötzlich ungewollte Videos von anderen Kanälen vorgespielt werden.
- Klare, zeitliche Grenzen setzen. Das Kind ist noch sehr jung und wenige Minuten vor dem Bildschirm reichen völlig aus. Eine Überreizung kann sich oft auch in Wutanfällen und Übellaunigkeit äußern.
Mit dem Kind klare Absprachen zu treffen und Regeln festzulegen, hilft dabei zu steuern, wann und wie lange das Kind digitale Medien nutzt. Beispielsweise kann dies geschehen, indem Rituale eingeführt werden und nur zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte altersgerechte Sendung geschaut wird. Das hilft den Eltern den zeitlichen Freiraum zu planen und das Kind gewöhnt sich daran, dass nach der Sendung wieder ausgeschaltet wird.
- Dem Kind eine akustische Pause gönnen. Kinder brauchen keine ununterbrochene Geräuschkulisse. Eltern können Ruhezonen ohne Radio- oder Fernsehbeschallung schaffen, in die sich das Kind selbst zurückziehen kann, um dort ungestört zu malen, zu bauen oder Bücher anzuschauen. Elternbesuche sind hier natürlich Pflicht. Zu zweit spielt es sich immer schöner als allein.
- Wiederholungen sind gut für das Kind. Wenn das Kind regelmäßig Sendungen sieht, dann hilft es ihm, wenn diese sich auf eine Serie wie zum Beispiel das Sandmännchen beschränken. Das Wiedererkennen der Figuren, der Stimmen und der Gestaltung helfen dem Kind, sich besser auf die Handlung und die Geschichten zu konzentrieren und sich diese erschließen zu können.
- Eine Alternative zu Sendungen und Serien sind digitale Bilderbücher oder Geschichten, die ohne bewegtes Bild auskommen. Damit Kinder die Geschichte gut verstehen können, ist es ratsam, wenn sie das Erzähltempo selbst bestimmen können. So können sie lange an einem Punkt der Geschichte verweilen, wenn sie etwas besonders interessiert oder sie etwas nicht verstehen. Auch Hörbücher sind für Kinder in diesem Alter oft leichter verständlich, weil sie nur den Hörsinn ansprechen und nicht gleichzeitig mehrere Sinne reizen. Es ist empfehlenswert, eine zeitliche Grenze zu setzen und eher kurze Geschichten auszuwählen.
- Alterskennzeichnungen richtig deuten. Es existieren in den App-Stores zahlreiche Apps, die mit einer Altersfreigabe ab 0 gekennzeichnet sind. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Apps für das Kind geeignet sind. Es heißt lediglich, dass sich darin keine entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte befinden. Um gute Kinder-Apps zu entdecken, bietet es sich an, Portale und Websites mit Empfehlungen für Kinder zu besuchen, die verschiedene Altersstufen berücksichtigen,. Gute Websites hierfür gibt es zum Beispiel von dem Verein Internet ABC oder von dem Initiativbüro „Gutes Aufwachsen mit Medien“. Eltern kennen ihr Kind am besten und können eine App zunächst testen und selbst einschätzen, ob ihr Kind schon bereit dafür ist.
- Ausschalten, sobald das Kind kein Interesse mehr zeigt. Bevor die vereinbarte Zeit abgelaufen ist, zeigt das Kind kein Interesse mehr an dem ausgewählten Inhalt? Dann das Gerät einfach ausschalten.
- Und nicht vergessen: Bei Kindern steht in diesem Alter im Vordergrund, sich selbst und den eigenen Körper kennenzulernen. Singen, Basteln, Malen und Klettern sind gute Alternativen zu Bildschirmmedien und sollten den Alltag gestalten. Drinnen wie draußen – je nach Wetterlage. Regenwürmer suchen und versuchen, Fliegen zu fangen, die Sonne auf der Haut spüren und auch mal einen Regentropfen erhaschen. Sehen, Riechen, Schmecken, Lauschen und Fühlen. Durch all das lernt ein Kind die Welt kennen und sich darin zurechtzufinden.
Zahnputz-App – Ja oder nein?
Getrödelt. Und das schon am Morgen, wenn alle schnell aus dem Haus müssen. Und dann noch Jonas, mit seinem Trotzkopf: „Ich will heute nicht Zähne putzen.“ Jonas nimmt die Zahnbürste und pfeffert sie in die Ecke. Mit Engelszunge versucht Papa auf ihn einzureden, aber alle Geschichten von Karius und Baktus lassen ihn kalt. „Nein“ ist alles, was ihm dazu einfällt. Mit zugekniffenem Mund steht er vor ihm und zeigt sich von seiner trotzigsten Seite. Da fällt ihm ein, dass ein Elternteil aus der Kita letztens von einer Zahnputz-App gesprochen hat, die das Zähneputzen als Spiel verpackt. Er überlegt, ob er diese in dieser verzwickten Lage nicht gleich mal ausprobieren sollte. Jonas würde sich sicherlich über Ablenkung auf dem Smartphone freuen und bereitwilliger mitmachen.
Jeder kennt einen solchen Morgen, an dem es zeitlich besonders eng geworden ist und es schnell gehen soll. Gerade dann passiert es häufig, dass ein Kind nach anderen Regeln spielen möchte. Ob Eltern dann, wie im Fall von Jonas Papa, zu einer digitalen Geschichte, wie sie häufig in Zahnputz-Apps verpackt sind, greifen, liegt ganz in ihrer Entscheidung. In solchen Apps werden Kinder oft vor Herausforderungen gestellt wie zum Beispiel so lange zu putzen, bis alle Monster aus dem Mund geputzt sind. Das regt den Spielsinn an und lockt gleichzeitig mit einer Belohnung. Das Kind lernt also, wenn es Zähne putzt, bekommt es eine Belohnung.
Abgesehen davon, ob das Kind in diesem Alter eine solche Herausforderung schon versteht, kann dieses Belohnungssystem auf Dauer die Bereitschaft für freiwilliges Zähneputzen noch mehr herabsetzen. Eltern können es stattdessen einmal mit derselben Geschichte versuchen, nur von ihnen selbst erzählt. In dem Mund ihres Kindes wohnen kleine Monster und die müssen morgens alle aus dem Bett gefegt werden. So oder ähnlich könnte diese beginnen. Oft reicht einem Kind auch in einer trotzigen Phase eine fantasievolle Anregung und schon ist das Zähneputzen kein Wutanfall mehr wert. Viele Kinder sind für spielerische Zugänge sehr empfänglich und dankbar, aus ihrem Wutanfall herauszukommen. Mehr Informationen zum Zähneputzen findest du als Familienpatin bzw. Familienpate im Begleitordner unter „Mundgesundheit“.
Ist für die Eltern die App doch das Mittel der Wahl, achten sie bitte darauf, dass
- die Geschichte geeignet für das Kind ist.
- die App gemeinsam mit interdisziplinären Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Gesundheitswissenschaft und Pädagogik entwickelt wurde.
- die Berechtigungen, die die App möchte, geprüft werden. Sind es zu viele oder auch unnötige, sollte lieber nach einer anderen gesucht werden. Dies gilt besonders bei der Erhebung von Nutzungsdaten und unnötigen Zugriffsbefugnissen.
- die App nur gelegentlich genutzt wird. Nur so bleibt sie spannend und ein hilfreiches Werkzeug in Notlagen [6].
Die wichtigsten Botschaften zum Thema „Medien: 24 bis 36 Monate“
- Kinder in diesem Alter brauchen noch keine Unterhaltung durch Bildschirmmedien. Wenn sie diese durch die Eltern oder Geschwisterkinder jedoch kennen, fordern sie diese auch für sich ein. Dürfen Kinder Bildschirmmedien nutzen, sollten folgende Aspekte beachtet werden:
- gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern nutzen (das gelingt mit interaktiven Apps wie einer Mal-App besser als mit reinen Unterhaltungsangeboten wie Videos),
- Dauer der Nutzung bzw. Anzahl der Fotos oder der Geschichten begrenzen,
- geeignete Inhalte auswählen, die dem Alter und der geistigen Entwicklung des Kindes entsprechen,
- bei Smartphones, Tablets, Spielekonsolen etc. die Kinderschutzeinstellungen kennen und nutzen
- und nach Ablauf der festgelegten Zeit wirklich ausschalten.
Die zentrale fachliche Kernbotschaft
Wenn sich Eltern für die Nutzung digitaler Medien im dritten Lebensjahr entscheiden, helfen klare Regel dabei, das Kind angemessene Inhalte für eine kurze und klar abgesteckte Zeitspanne anschauen zu lassen, ohne stets darüber in Konflikt zu geraten.
Die zentrale emotionale Kernbotschaft
Mit zunehmendem Alter fordern Kinder die Medienangebote, die sie kennenlernen, zunehmend für sich ein. Das hängt auch mit dem Medienkonsum der anderen Familienmitglieder zusammen. Die Einführung von Regeln über eine zeitliche Begrenzung, eine bewusste Auswahl der Inhalte und den Austausch über das Gesehene steht vor allem bei Familien mit hohem Medienkonsum im Vordergrund.
Liebe Familienpatin, lieber Familienpate,
Für das dritte Lebensjahr gelten die gleichen Hinweise wie aus deinem Begleitordner zum Thema „Medien: 12 bis 24 Monate“ – nur mit einigen Erweiterungen:
- Eltern bewegen sich im Spannungsfeld der aktuellen Diskussionen. Viele sind selbst mit einer eher sorglosen Mediennutzung aufgewachsenen.Der passive Medienkonsum von Fernsehen und Radio wird heute ergänzt durch aktivierende Internetangebote wie beispielsweise auf Social-Media-Plattformen und durch Computerspiele. Die Aspekte digitale Privatsphäre und Datenschutz, aber auch Bildschirmzeiten oder Reizüberflutung durch Bildschirmmedien waren nicht unbedingt Thema ihrer eigenen Medienbiografie. Hab Verständnis, dass Eltern eine eigene Sichtweise und Erziehungskonzepte haben. Begleite sie, sprich mit ihnen darüber. Stell ihnen Fragen und vermeide Belehrung und Ratschläge.
- Beziehe die ganze Familie mit ein. Sprich mit ihnen über die Geräte, die sich im Haushalt befinden, über deren Nutzung. Vielleicht gibt es bereits Regeln oder erste Überlegungen zu einem bewussten Umgang mit den Bildschirmmedien im Beisein des Kleinkindes. Mediennutzung ist in vielen Familien ein wesentlicher Bestandteil des Alltags. Gerade wenn ältere Geschwisterkinder im Haushalt leben, ist das Thema Mediennutzung allgegenwärtig. Sie können den Familien mit älteren Kindern gern den Mediennutzungsvertrag ans Herz legen. Das ist ein „Vertrag“, der gemeinsam in der Familie ausgefüllt wird und die Mediennutzung regelt. Kostenlos zu finden auf der Website des Vereins Internet-ABC unter dem Suchbegriff “Mediennutzungsvertrag”
- Reg deine Netzwerkfamilie an, über Alternativen zu Medienangeboten nachzudenken. Dafür kannst du ihr Fragen stellen: Wie könnt ihr euch als Eltern mit eurem Kind beschäftigen? Welche Angebote könnt ihr dem Kind machen, damit es sich allein ohne den Einsatz von digitalen Medien beschäftigen kann? Bedenke auch, dass Kinder das eigenständige Spiel erst Erlernen müssen, entweder durch Nachahmung von Erlebtem oder durch das gemeinsame Spiel mit anderen Kindern oder Erwachsenen, sie schauen auch am liebsten Bücher oder hören Geschichten an, die sie bereits kennen. Bis sich Alternativen im Alltag von Familien etabliert haben, ist es daher ein Stückchen Arbeit für die Eltern. In diesem Prozess braucht es vor allem eine geduldige Begleitung durch die Familie.
- Kinder in diesem Altersabschnitt können ihre Wünsche schon sehr gut äußern und ihre Eltern damit in die Verzweiflung treiben. Geh in deiner Netzwerkfamilie besonders sensibel mit dem Thema Mediennutzung um, wenn diese einen hohen Medienkonsum aufweist. Frag die Eltern, welche Aktionen für die Familie abseits der Mediennutzung im Familienalltag etabliert werden können.
- Kleine Geschichten oder altersgerechte Bücher bieten eine gute Alternative. Das Buch kann an geeigneter Stelle im Tagesablauf angesehen werden, anstatt das Tablet einzusetzen. Sensibilisiere die Familie dafür, ihren Alltag sanft zu ändern, denn häufig sind es die routinierten Tagesabläufe und die gewohnte Mediennutzung der Eltern und Geschwister, die die Bildschirmzeiten des Kleinkindes bestimmen.
Du möchtest dich oder deine Netzwerkfamilie möchte sich weiter zum Thema „Medien“ informieren?
Im Infopool des Netzwerkes Gesunde Kinder gibt es sorgfältig ausgesuchte Literatur zum Weiterlesen. > zum Infopool „Medien“
Autorenschaft und Literatur
Autorenschaft
Jessica Euler
Referentin für Jugendmedienschutz und Medienpädagogik der Aktion Kinder- und Jugendschutz Brandenburg e. V.
Posthofstraße 8, 14467 Potsdam
Tel.: 0331 9513170
E-Mail: euler@jugendschutz-brandenburg.de
Verwendete Literatur
[1] U. Wagner, C. Gebel, C. Lampert (Hrsg.), Zwischen Anspruch und Alltagsbewältigung: Medienerziehung in der Familie, Berlin: Vistas Verlag, 2013.
[2] S. Pauen, E. Vonderlin, „Entwicklungsdiagnostik in den ersten drei Lebensjahren.“ in Research Notes 21 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Berlin 2007.
[3] S. Fleischer, „Medien in der Frühen Kindheit.“ in Handbuch Kinder und Medien, Wiesbaden, Springer, 2014, S. 303-311.
[4] R. H. Largo, Babyjahre – Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren, München: Piper, 2015.
[5] E. Finne, J. Bucksch, „Gesundheitliche Effekte der Mediennutzung“, in Handbuch Gesundheitskommunikation, Bern: Huber, 2014. S. 214-227.
[6] V. Scherenberg, C. Lampert, „Gesundheits-Apps für Kinder – Undurchsichtiger Markt mit vielen Möglichkeiten“, Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe, 229 (42), S. 49-51, 2017.