So heißt das Themenheft: Weltentdecker und Töpfchenbezwinger / Der Trotz und ichWeltentdecker und Töpfchenbezwinger / Der Trotz und ich
Übersicht: Was sind häufig wichtige Themen für diesen Zeitraum?
Im zweiten Lebensjahr gewinnen Kind und Eltern zunehmend an Freiraum, da sich das Kind immer bewusster als eigenständiges Individuum empfindet und selbstständiger wird. Nun das richtige Maß für Nähe und Distanz, Hilfe und Selbstständigkeit zu finden, ist eine neue Herausforderung. Da das Kind auf der einen Seite sehr nach Autonomie strebt, auf der anderen Seite aber auch noch sehr anhänglich und hilfebedürftig ist, ist dies ein Balanceakt. Eltern brauchen hier Geduld.
Die Gefühle von Kleinkindern wechseln in diesem Alter häufig, da sie ihre Gefühle noch nicht so gut steuern können. Das Kind versucht die Welt zu verstehen und entwickelt ein Bild von der Welt. Das stimmt jedoch noch nicht immer mit der Realität überein. Außerdem bildet sich der eigene Wille immer mehr heraus und das Kind versucht ihn umzusetzen. Das ist jedoch noch nicht immer möglich. Manchmal ist das Kind z. B. noch nicht fähig, Fahrrad zu fahren, auch wenn es sich das vorgenommen hat. Oder es wünscht sich z. B., dass es regnet und erwartet, dass seine Zauberkräfte dies auch bewerkstelligen können, aber dies ist in der Realität schlicht nicht möglich. Manchmal bringt sich ein Kind dadurch selbst in Gefahrensituationen, weil es die Realität falsch einschätzt. Dann kann es auch den Familienalltag auf den Kopf stellen. Nimmt das Kind wahr, das sein Wille nicht umgesetzt werden kann, kann es schnell in ein Gefühlschaos geraten. Heftige Trotzanfälle sind dann möglich. Das Kind braucht Zeit und viele Erfahrungen, um zu lernen, wie die Welt funktioniert und wozu es selbst fähig ist. Auch eine liebevolle Begleitung der Eltern, dem Alter entsprechende Erklärungen und liebevolle Grenzen sind dabei wichtig.
Die Grundlage, wie ein Mensch Gefühle erlebt, mitteilt und verarbeitet wird in den ersten Lebensjahren gelegt. Kinder brauchen daher viele Erfahrungen mit Gefühlen, um zu lernen, wie sie mit ihnen umgehen können. Es ist wünschenswert, dass die schönen Erlebnisse in den ersten Lebensjahren überwiegen. Erlebt das Kind Freude, weil es z. B. etwas allein schafft oder weil es eine schöne Zeit mit den Eltern verbringt, gewinnt es an Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Es erfährt, dass es gemocht wird und etwas schafft und wird dadurch motiviert, seine Fähigkeiten weiter auszubauen und Neues auszuprobieren. Eltern brauchen ihr Kind deshalb aber nicht vor allen frustrierenden Situationen schützen. Sie sind ebenso notwendig. Erst durch kleine Frustrationen oder Konflikte lernen Kinder mit Enttäuschungen und den auftretenden Gefühlen umzugehen. Merken Kinder, dass die Eltern sie trotz einer misslungenen Aufgabe respektieren und lieben, scheuen sie sich nicht davor, es erneut zu versuchen. Eltern können dabei auch gerne eine kleine Starthilfe geben.
Wichtig ist, dass die Eltern jedes Gefühl ihres Kindes anerkennen und ernst nehmen.
Eltern können dem Kind zeigen, dass sie es verstehen, indem sie das Gefühl spiegeln, benennen und ihm erklären, wie das Gefühl entsteht. Sie sind auch Vorbilder darin, wie es mit seinen Gefühlen umgehen und die Situation bewältigen kann.
Mit den eigenen Gefühlen umzugehen, ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe für Kleinkinder. Dabei entwickeln sie kognitive und soziale Fähigkeiten weiter, die z. B. wichtig sind, um Freundschaften zu schließen [1].
Entwicklungsschritte
Motorische Entwicklung
- In diesem Alter gibt es große individuelle Unterschiede in der motorischen Entwicklung, wobei die meisten Kinder einen ausgeprägten Bewegungsdrang haben.
- Vor allem durch eine spielerische Auseinandersetzung mit der Umwelt und durch Bewegung im Alltag, wie z. B. Balancieren auf Mauern oder Springen über (und in) Pfützen wird die Bewegungssicherheit verbessert und das Bewegungsrepertoire der Kinder erweitert.
- Das Gehen und Laufen verbessert sich zunehmend. Manche Kinder können schon im Nachstellschritt Treppen steigen, andere schieben oder ziehen einen Wagen.
- Einige Kinder können sich bereits bücken, wenn sie etwas aufheben wollen. Andere gehen dafür weiterhin in die Hocke [2].
- Kleinkinder essen nun weitgehend eigenständig am Tisch.
- Beide Hände sind in der Regel gleich geschickt. Es macht also noch keinen Unterschied, ob die rechte oder linke Hand genutzt wird. Die Links- oder Rechtshändigkeit wird erst später deutlich [2].
Kognitive Entwicklung
- Kleinkinder haben eine gewisse Routine im Umgang mit Alltagsgegenständen entwickelt. Die Funktionen der Gegenstände sind bekannt und werden benutzt oder nachgeahmt [3].
- Kleinkinder verstehen und verwenden selbst aktiv das „Nein“ (auch als Kopfschütteln). Sie beachten einfache Spiel-Regeln („Erst ich, dann du…“) und einfache, ritualisierte Abläufe (Fertigmachen zum Weggehen, Zu-Bett-Gehen…).
- Sie verstehen einfache Sätze und einfache Fragen (z. B. „Wo ist…“). Beim Ansehen eines Bilderbuches zeigen sie auf einfache Bilder, wenn man sie dazu auffordert (z. B. „Zeig mir…“).
- Kleinkinder verstehen einfache kausale Zusammenhänge und handeln entsprechend: z. B. wird ein Stuhl vor den Schrank geschoben, um an Süßigkeiten zu gelangen [2].
- Kleinkinder möchten das, was sie „alleine“ tun können, allein tun (z. B. Schuhe oder Strümpfe anziehen, Mütze abnehmen, Turm bauen usw.). Sie wehren sich gegen Einmischung. Außerdem versuchen sie im Alltag „mitzuhelfen“, z. B. beim Tisch decken.
- Einige Kinder können sich an Erlebnisse des Vortages erinnern. Sie haben in dem Alter aber noch kein genaues Verständnis von Vergangenheit und Zukunft [2].
- Viele Kinder sprechen von sich noch nicht als „ich“, sondern benutzen ihren Vornamen. Sie fühlen sich ggf. auch noch nicht angesprochen, wenn man „du“ zu ihnen sagt.
Sprachliche Entwicklung
- Kinder beginnen Wörter zu kurzen Äußerungen zu kombinieren. Der Wortschatz wächst an und es kommt zu einer sogenannten Wortschatzexplosion.
- Auch wenn der Wortschatz anfangs noch begrenzt ist, sind Kinder fähig, sich zunehmend differenzierter auszudrücken, durch Gesichtsausdrücke, Körpersprache und Verhalten [4].
- Sprechen Kinder etwas falsch aus, ist es besser, sie nicht zu korrigieren. Dadurch können sie die Lust am Reden verlieren. Es reicht aus, die richtige Aussprache zu hören und als Erwachsene das richtige Wort noch einmal zu wiederholen [2].
- Kindern hilft es, wenn sie einen direkten Bezug zum Gesagten haben. Eine Voraussetzung dafür ist, dass Kind und Eltern ihre Aufmerksamkeit beim Sprechen auf die gleichen Situationen, Gegenstände oder Personen richten. Eltern können dann eben jene benennen und erklären, was passiert oder was man mit dem Gegenstand tun kann.
Soziale und emotionale Entwicklung
- Kleinkinder proben die Intensität und die Qualität von Gefühlen in verschiedenen Situationen. Das Verhalten der Kinder scheint dabei manchmal übertrieben und überzogen zu sein. Dies ist aber Teil des Ausprobierens. Kinder brauchen Zeit, bis sie die Intensitäten der Gefühle balancieren können.
- Allmählich kommen neue Gefühle hinzu wie Scham, Schuld und Eifersucht. Die Eifersucht kann in diesem Alter sehr stark sein. Viele Kinder sind auch noch nicht bereit zu teilen [2].
- Kinder suchen von sich aus Zärtlichkeiten und freuen sich über freundliche und liebevolle Zuwendung [2]. Sie brauchen diese weiterhin, gerade auch wenn die Gefühle überschießen.
Schwerpunktthema Trotz
Das „Ich-sein“ ist für Kinder in dem Alter anstrengend und verwirrend. Gegen Ende des zweiten Lebensjahres beginnt eine Phase, die als „Trotzphase“ bekannt ist. Das Kind erkennt, dass es ein eigenständiges Wesen ist und dass es eigene Wünsche und Vorstellungen hat. Es versucht, sich von den Eltern zu lösen und möchte vieles allein tun. Weil es dazu häufig noch nicht in der Lage ist, stößt es oft an seine Grenzen. Das führt häufig zu Frustration und Kummer [1].
Frustration können auch die Eltern auslösen, wenn sie etwas verbieten, Grenzen setzen oder etwas verlangen, wozu das Kind noch nicht fähig ist. Dieses Missverhältnis zwischen der Vorstellung der Eltern und ihrem tatsächlichen Verhalten sowie dem Wunsch, Dinge selbstständig zu machen, es aber nicht zu schaffen, ruft bei vielen Kindern ein Gefühlschaos hervor [5]. Dieses innere Chaos kann zu unterschiedlich heftigen Trotzreaktionen führen, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Eltern sollten wissen, dass es dem Kind nicht darum geht, einfach nur trotzig zu sein oder generellen Widerstand zu leisten, sondern dass es versucht eigenständig zu sein, dies aber noch nicht immer funktioniert. Das verursacht bei dem Kind ein Gefühlschaos, mit dem es noch nicht umgehen kann. Eine „Bestrafung“ des trotzigen Verhaltens wie Schimpfen oder allein in ein anderes Zimmer schicken, bis sich das Kind beruhigt hat, macht deshalb keinen Sinn. Es verstärkt das innere Chaos nur.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang: eine Bestrafung ist nicht das Gleiche wie eine Grenze setzen oder ein Verbot. Grenzen und Verbote sollen Kinder schützen, da sie selbst noch nicht alle Gefahren oder Konsequenzen einer Handlung einschätzen können. Z. B. schadet es ihrer Gesundheit, wenn sie sich nur von Süßigkeiten ernähren und es gefährdet ihr Leben, wenn sie einfach so auf die Straße rennen. Manchmal brauchen Eltern Grenzen auch, um den Familienalltag reibungslos zu gestalten, z. B., wenn das Kind weiterspielen möchte, sie aber noch den Wochenendeinkauf erledigen müssen. Grenzen, Verbote oder Aufforderungen werden am besten kurz und sachlich erklärt. Z. B. wenn das Kind den Sonnenhut nicht tragen möchte, können Eltern erklären, dass der Sonnenhut vor der Sonne schützt und die Haut ohne den Hut rot wird und weh tut. Als gutes Vorbild tragen sie selbst natürlich auch einen Sonnenhut. Wichtig ist, dass die Grenzen dem Alter entsprechend angemessen sind und die Eltern in ihrem Verhalten konsequent, berechenbar und vorhersehbar bleiben. Das hilft Kindern, sich zu orientieren.
Gerät das Kind in ein Gefühlschaos, hilft es ihm, wenn die Eltern es ernst nehmen, seine Gefühle verstehen und spiegeln. Schafft das Kind z. B. etwas nicht allein und ist traurig oder wütend, können die Eltern es mit dem Kind noch einmal gemeinsam versuchen und ihm eine kleine Hilfestellung geben. Bekommt das Kind einen Wutanfall, gibt es verschiedene Möglichkeiten, aus ihm heraus zu finden. Manche Kinder müssen sich erst austoben, anderen hilft eine Umarmung [5]. Wichtig ist, dass das Kind spürt, dass es verstanden, geliebt und in der Situation auch („aus-„) gehalten wird, auch wenn es sich in Wutanfällen verliert und sein Verhalten damit vielleicht nicht ganz in Ordnung ist [2]. Zu jeder Grenzsetzung und zu jedem Verbot gehört in einer anderen Situation des Tages ein ausgesprochenes Lob und die Ermutigung oder Bestätigung, wenn etwa gut geklappt hat.
Eltern können ihrem Kind helfen selbstständiger zu werden, indem sie ihm Situationen oder Tätigkeiten anbieten, die es allein schaffen kann, z. B. die Schuhe anziehen oder den Reißverschluss zumachen. Gelingt es, stärkt das das Selbstbewusstsein des Kindes und ermutigt es, sich auch andere Aktivitäten zuzutrauen. Am besten nehmen sich die Eltern in solchen Situationen etwas mehr Zeit. So kann das Kind das Tempo angeben.
Außerdem können Eltern das Kind in Entscheidungen einbinden, indem sie ihm Wahlmöglichkeiten geben, z. B. bei der Auswahl der Kleidung.
Die Trotzphase ist leider unumgänglich und wichtig. Kinder lernen dabei z. B. Entscheidungen zu treffen und eigene Ziele zu verfolgen. Sie erkennen, dass Entscheidungen Folgen haben und sie lernen, dass Konflikte zum Leben gehören und gelöst werden können [5].
Beschäftigung: „Als-ob-Spiele“, das „Geben-und-Nehmen-Spiel“ und Bauklötze
Kinder ahmen im Spiel ihre Umwelt nach. Sie spielen das nach, was sie erlebt haben. Deshalb brauchen Kinder Anregungen. Sie sind der Stoff für ein neues Spiel. Kinder brauchen daher neue Erlebnismöglichkeiten und dem Alter entsprechende Spielsachen. Das bedeutet nicht, das Kind mit Spielzeug zu überschütten. Es reicht, Anregungen zu einem phantasiereichen Spielen zu schaffen. Dafür eignen sich auch selbst gebastelte oder zweckentfremdete Gegenstände. Ist etwas nicht vorhanden, denkt sich ein Kind den Gegenstand einfach her oder zweckentfremdet ihn. Fachleute bezeichnen dies als „Als-ob-Spiel“ oder „Symbolspiel“ [6]. Kinder unterscheiden in dem Alter noch nicht zwischen Spielzeugen und Alltagsgegenständen. Beides ist gleich spannend [2]. Tatsächlich werden oft die Dinge des alltäglichen Gebrauchs bevorzugt, denn damit lässt sich das Verhalten der Eltern bestens nachahmen. Das ein oder andere Elternteil musste sicherlich schon seine Brille oder die Fernbedienung wieder zurückverlangen.
Bausteine und Bauklötze sind für Kinder im zweiten Lebensjahr geeignet, sofern sie nicht zu klein sind, um verschluckt zu werden. Sie regen die Fantasie an und fördern diese. Vielen Kindern macht das Turm-Bauen großen Spaß. Sie brauchen jedoch hin und wieder eine Anleitung oder jemanden, der mit ihnen zusammen baut. Kinder finden es spannend, den Eltern zuzuschauen. Sie ahmen die Eltern nach und lernen dabei sozusagen am Modell [2]. Zeigen Eltern ihnen, wie sie z. B. Ringe auf einen Turm legen oder ein Spielzeugauto schieben, können Kinder das bald eigenständig tun. Kinder lernen beim Bauen mit Bauklötzen auch, dass es Gegenstände gibt, die einander gleichen und sich unterscheiden. Bauklötze in bunten Farben und in verschiedenen Formen fördern dies.
Ein weiteres Spiel, das Kinder nun mit viel Hingabe stundenlang spielen können, ist das „Geben und Nehmen-Spiel“. Das bedeutet, dass Kinder einen oder mehrere Gegenstände abgeben und dann wieder einfordern. Dazu gehören auch: einen Ball hin und her rollen und sich zuspielen oder etwas Beladen und Entladen. Dafür braucht es keinen gekauften Spielzeugbagger. Mit Fantasie kann ein Schuhkarton ebenfalls ein passendes Nutzfahrzeug werden [7]. Außerdem sind immer noch Gegenstände beliebt, in die die Kinder etwas hinein- und heraustun können. Töpfe, Becher und Plastikbehälter eignen sich dafür.
Auch gemeinsame Singspiele und Reime bereiten den Kindern weiterhin Freude. Sie sind Spiel- und Sprachförderung in einem. Eltern können sie gut bei immer wiederkehrenden Tätigkeiten nutzen, z. B. beim Essen, Baden, Zähneputzen und vor dem Schlafen. So können schöne Familienrituale entstehen.
Der Spielzeugkauf
Falls Eltern, Verwandte oder Bekannte Spielzeug kaufen möchten, ist es wertvoll, wenn dieses eine aktive Funktion hat: z. B. fahren, beladen, ziehen. Spannend finden es Kinder, wenn die Spielzeuge verschiedene Funktionen haben oder sie die Spielzeuge auseinandernehmen können. Dadurch können sie die Eigenschaften noch genauer erkunden und die Spielzeuge sind immer wieder neu spannend. Im Allgemeinen sollte nicht zwischen Jungen- und Mädchenspielzeug unterschieden werden. Kinder spielen, um zu entdecken. Dabei verarbeiten sie, was sie erleben und machen keinen Unterschied, ob es sich um männliche oder weibliche Aktivitäten handelt [2]. Beim Kauf achten Eltern am besten auf Gütesiegel. Das GS-Zeichen zeigt an, dass gesetzliche Anforderungen an Sicherheit und Schadstoffgrenzen eingehalten werden. Dafür muss unter dem GS-Zeichen die Prüfnummer und Prüfinstitution stehen, z. B. TÜV Rheinland oder TÜV SÜD. Weitere Kennzeichen sind z. B. der „Blaue Engel“ oder „spiel gut“. Eltern können sich beim Kauf auch auf ihre Sinne verlassen: riecht das Spielzeug unangenehm oder auffällig, färbt das Material ab, gibt es Fehler bei Nähten und Druck oder scharfe Kanten oder Splitter? Dann besser die Finger davonlassen. Auch bei sehr billigem Spielzeug gilt Vorsicht [8, 9]. Die Kleinteile des Spielzeugs sollten größer sein als ein Tischtennisball. Sonst können Kinder die Kleinteile verschlucken. Das Spielzeug muss nicht mechanisch sein oder ständig Geräusche machen. Das verstehen Kinder in dem Alter noch nicht. Außerdem langweilt das schnell und kann die empfindlichen Kinderohren schädigen. Die Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest oder Ökotest informieren ausführlich zum Thema Spielzeug.
Bevor Eltern neues Spielzeug kaufen, können sie auch Spielzeug von Freunden und Bekannten ausleihen oder zusammen mit ihnen spielen. Eltern können so den „Spielwert“ für das Kind testen: beschäftigt sich das Kind lange und gerne damit [2]?
Trocken und sauber werden: Wann aufs Töpfchen?
Früher begannen Eltern und Bezugspersonen mit der Sauberkeitserziehung, sobald das Kind sitzen konnte. Kinder wurden regelrecht trainiert – mit mäßigem Erfolg. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass ein zu frühes Sauberkeitstraining das Trockenwerden nicht beschleunigt. Es kommt häufig zu Rückfällen, und schlimmstenfalls gerät das Kind in Stress oder entwickelt sogar Angst vor dem Toilettengang [10]. Heute ist klar, dass ein Kind erst ab einer bestimmten Reife die Muskulatur beherrscht und bewusst steuern kann. Zudem begreift es erst allmählich den Zusammenhang zwischen dem Druckgefühl in Darm und Blase und den Ausscheidungsvorgängen [2]. In der Regel zeigt ein Kind, wenn es reif für die Toilette ist. Meist geschieht dies im Verlauf des zweiten oder auch erst dritten Lebensjahres. Ein Kind ist bereit, wenn ihm klar wird, dass es gerade „muss“. Das bewusste Wahrnehmen ist ein Anzeichen, dass es den Vorgang kontrollieren kann [7]. Die meisten Kinder zeigen mit Gesten oder mit Worten, dass sie die Windel voll haben, oder sie schauen sich selbst beim Pinkeln zu z. B. in der Badewanne oder draußen im Garten. Dies ist ein guter Zeitpunkt. Das Kind entscheidet am besten selbst, ob es das Töpfchen oder die Toilette mit Toilettenaufsatz bevorzugt.
Möchte es auf die Toilette, so ist ein Hocker zum Hinaufsteigen nötig. Wichtig ist auch, dass sich das Kind die Kleidung selbst herunterziehen kann. Erfahrungsgemäß klappt es mit dem „großen Geschäft“ eher. Die Blasenmuskulatur können Kinder häufig erst etwas später beherrschen. Zudem funktioniert der Toilettengang tagsüber deutlich besser als nachts, denn im Schlaf können Kinder die Muskulatur noch nicht so gut kontrollieren. Das nächtliche Einnässen hat folglich nichts mit zu viel Flüssigkeit zu tun. Dem Kind abends nichts mehr zu trinken anzubieten, wird daran nichts ändern. Außerdem wird der Stuhl bei Flüssigkeitsmangel hart und es tut weh, was dem Vorgang nicht dienlich ist. Während der Lernphase lohnt es sich, Wechselkleidung dabei zu haben. Es kann immer wieder zu kleinen Rückfällen kommen. Gerade in einem spannenden Spiel oder in einer fremden Umgebung vergisst ein Kind seine gerade erworbene Fähigkeit [10]. Bleiben die Eltern ruhig und verständnisvoll, wird es immer besser gelingen.
Die wichtigsten Botschaften zum Thema „Entwicklung: 18 bis 24 Monate“
- Die Bewegungssicherheit verbessert sich und das Bewegungsrepertoire der Kinder erweitert sich.
- Kinder brauchen Anregungen in Form von vielfältigen Erfahrungen und Impulsen. Diese verarbeiten sie oft beim Spielen.
- Gefühle wechseln häufig. Wie Emotionen reguliert werden, müssen Kleinkinder noch lernen. Eltern sind dabei Vorbilder. Sie können die Gefühle der Kinder und ihre Ursachen benennen und zeigen, wie sie mit diesen Gefühlen umgehen können.
- Die Trotzphase ist wertvoll. Durch sie versteht das Kind langsam, dass es ein eigenständiges Wesen ist. Bestrafungen machen keinen Sinn, Grenzen und konsequentes Verhalten jedoch schon.
- Sobald ein Kind zeigt, dass die Windel „voll“ ist, können Eltern mit der Sauberkeitserziehung beginnen. In der Regel passiert das frühestens ab dem 18. Lebensmonat, häufig später. Vorher bringt ein „Töpfchen-Training“ nichts, da Kinder erst mit einer bestimmten Reife die Muskulatur beherrschen und den Zusammenhang zwischen Darm und Ausscheidungen begreifen und kontrollieren können.
Die zentrale fachliche Kernbotschaft
Nach wie vor sind die Bezugspersonen für die Grundbedürfnisse, Liebe und Zuwendung zuständig, aber auch zunehmend für Anleitungen, Unterstützung und Erklärungen, gepaart mit viel Zuspruch und Ermunterung. Liebevolle Grenzen und eindeutige altersentsprechende Konsequenzen sind ebenso wichtig.
Die zentrale emotionale Kernbotschaft
Das Kind ist auf der einen Seite anhänglich und hilfebedürftig, auf der anderen Seite strebt es sehr nach Autonomie und Selbstständigkeit. Das ist sicherlich ein Balanceakt für die Eltern. Sie werden sich aber–wie in den vorherigen Monaten – in ihre Rolle einfinden.
Während der Trotzphase haben sich sicherlich viele Eltern in Machtkämpfe verstricken lassen, das ist menschlich. Eltern sollten sich in den Situationen immer vor Augen halten, dass Kinder mit einem Gefühlschaos zu kämpfen haben und dass die Trotzphase eine wesentliche Phase für die Selbstentwicklung ihres Kindes ist. Eltern atmen deshalb am besten zuerst einmal tief durch, versuchen sich in die Lage des Kindes hineinzuversetzen und Kompromisse zu finden.
Liebe Familienpatin, lieber Familienpate,
- Frag die Eltern, ob sie Familien- oder Eltern-Kind-Angebote in der Region nutzen und informiere sie ggf. über diese. Die Eltern sind immer dazu eingeladen, an den regionalen Angeboten des Netzwerkes Gesunde Kinder teilzunehmen. In Spielkreisen und Krabbelgruppen können sie weitere Erfahrungsmöglichkeiten und Spielanregungen kennenlernen. Hier können sich Eltern auch mit anderen Eltern austauschen. Das kann ihnen Druck nehmen, wenn es gerade etwas „holprig“ läuft. Wahrscheinlich nehmen die Eltern vieles etwas gelassener, wenn sie hören und erleben, dass es bei keiner Familie perfekt läuft.
- Die Trotzphase des Kindes ist für viele Eltern eine aufreibende Phase. Beschäftigt die Familie das Thema, sprich ihr Mut und Geduld zu und sensibilisiere sie für die Anpassungsschwierigkeiten des Kindes. Es leidet genauso darunter.
- Die Sauberkeitserziehung kann ein großes Thema werden, da sie manchmal viel Geduld erfordern kann. Mach den Eltern Mut, weder sich selbst noch das Kind unter Druck zu setzen.
Du möchtest dich oder deine Netzwerkfamilie möchte sich weiter zum Thema „Entwicklung“ informieren?
Im Infopool des Netzwerkes Gesunde Kinder gibt es sorgfältig ausgesuchte Literatur zum Weiterlesen. > zum Infopool „Entwicklung“
Autorenschaft und Literatur
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Mitarbeiterin im Familienzentrum, Elternberatung an der Fachhochschule Potsdam, Kompetenzzentrum Frühe Hilfen / Landeskoordination Frühe Hilfen im Rahmen der Bundesstiftung Frühe Hilfen (BMFSFJ, MBJS)
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Verwendete Literatur
[1] K. Hille, P. Evanschitzky und A. Bauer, Das Kind – Die Entwicklung in den ersten drei Jahren, Bern/Köln: hep Verlag, 2016.
[2] U. Diekmeyer, Handbuch für Eltern – Das Kind von der Geburt bis zum dritten Lebensjahr, München: BLV Verlagsgesellschaft, 1993.
[3] U. Hellrung, Sprachentwicklung und Sprachförderung, Freiburg: Herder, 2006.
[4] G. Diem-Wille, Das Kleinkind und seine Eltern – Perspektiven psychoanalytischer Babybeobachtung, Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH, 2003.
[5] M. Hofferer, „Wenn Kinder trotzen. Hilfe, das ICH meines Kindes erwacht!,“ 2015. Online verfügbar unter: https://www.familienhandbuch.de/babys-kinder/entwicklung/kleinkind/trotz/WennKindertrotzen.Hilfe.php. [Zugriff am 29. 10. 2018].
[6] R. Schwarz, „Spielentwicklung in der frühen Kindheit, “ 2014. Online verfügbar unter: https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/KiTaFT_schwarz_2014.pdf [Zugriff am 29. 10. 2018].
[7] R. H. Largo, Babyjahre – Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren, München: Piper Verlag GmbH, 2017.
[8] Verbraucherzentrale Bundesverband, „Kinderspielzeug,“ 2018. Online verfügbar unter: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/spielzeug/kinderspielzeug-6910. [Zugriff am 26. 04. 2019].
[9] Verbraucherzentrale Bundesverband, „Prüfzeichen, Siegel, Tests,“ 2018. Online verfügbar unter: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/spielzeug/pruefzeichen-siegel-tests-8287. [Zugriff am 26. 04. 2019].
[10] BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Trocken und sauber werden,“ o. J.. Online verfügbar unter: Aus: https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/trocken-und-sauberwerden/ [Zugriff am 08. 11. 2018].